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- Zwischen Flohmarkt und Gedenken: Das ehemalige Munitionsdepot „MUNA“ in Hohenbrunn
- Was wir aus der Vergangenheit lernen können
- Zur Einleitung und zum Dank
Das Heeresmunitionsdepot „MUNA“ in Hohenbrunn bestand nicht nur während des Zweiten Weltkriegs. Auch nach 1945 wurde es von der Bundeswehr jahrelang benutzt. Dass hier Zwangsarbeiter_innen unter lebensgefährlichen Bedingungen arbeiten mussten, konnte man bis vor kurzem nicht erkennen. Doch jetzt bewegt sich etwas.
von Luisa Lehnen und Maria Levchenko
Am 5. Juli, also am kommenden Sonntag, findet er wieder statt – der sogenannte „MUNA-Flohmarkt“ in Hohenbrunn, einer Gemeinde etwa 15 Kilometer südlich von München. „MUNA“, das ist die gängige Abkürzung für das Heeresmunitionsdepot in Hohenbrunn. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte das von der Wehrmacht betriebene Depot zu den größten Zwangsarbeitslagern im Großraum München. Insgesamt waren hier bis zu 4500 Zwangsarbeiter_innen unterschiedlicher Nationen eingesetzt. Viele wurden aus dem östlichen Europa verschleppt. Darunter waren nicht nur leistungsstarke Männer: Frauen, Kinder, ganze Familien, Junge wie Alte, wurden ins Munitionsdepot zum Arbeiten gebracht. Darüber, wie ihr Arbeitsalltag genau aussah, ist wenig bekannt. Unter anderem kamen die Zwangsarbeiter_innen mit für die Waffenproduktion verwendeten gefährlichen Chemikalien in Berührung. Infolge von Explosionsunglücken starben so mindestens 16 Menschen. Noch im Jahr 2011 stießen Hohenbrunner Kinder beim Spielen in der unmittelbaren Umgebung auf sterbliche Überreste, die von Kindern stammen, die während ihres Aufenthalts im Munitionsdepot vermutlich an einer ansteckenden Krankheit verstarben.
Munitionsdepot vor 1945 – und auch danach
Die Geschichte des Geländes und damit auch dessen Bedeutung scheint – wie das Beispiel der Benennung des jährlich stattfindenden „MUNA-Flohmarkts“ zeigt – bis heute nicht allen Bewohnerinnen und Bewohnern Hohenbrunns bewusst zu sein. Dies hängt unmittelbar mit der Nachkriegsgeschichte des Geländes zusammen. Trotz der bedenkenswerten Vergangenheit der MUNA wurde keine Nutzungsänderung beschlossen. Seit 1949 gehörte das Gelände der Bundeswehr und ebenso lang bestand hier ein Munitionsdepot. Im Jahre 2009 wurde der Stützpunkt im Zuge der Bundeswehrreform aufgelöst und die Gemeinden Hohenbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn erwarben Teile des Geländes. Seitdem entstand auf einem Teil des ehemaligen MUNA-Geländes ein Gewerbegebiet, in dem sich in den vergangenen Jahren mehrere in der Region namhafte Firmen ansiedelten. Der andere Teil des Geländes, die sogenannte „gefährliche Zone“ ist weiterhin umzäunt und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Gemeinde Hohenbrunn wird es viel Geld und Arbeit kosten, die sich dort befindenden Bunker versiegeln zu lassen und ungefährlich zu machen, so dass auf dem Gelände in entfernter Zukunft das geplante Naherholungsgebiet entstehen kann.
Lokales Gedenken – ein Anfang
Was aber ist mit den Menschen, die nach Hohenbrunn verschleppt wurden und die gezwungen waren, hier schwerste Arbeit zu verrichten? Im Zuge der Vorbereitungen der Feierlichkeiten zum 1200-jährigen Bestehen von Hohenbrunn bildete sich auf Anregung des damaligen Gemeindepfarrers ein Arbeitskreis, der die NS-Zeit in Hohenbrunn aufarbeiten wollte. Während der Recherchen entstand auch die Idee, den Zwangsarbeiter_innen einen Gedenkstein zu widmen. Der Gemeinderat diskutierte mehrere Sitzungen lang über die Gestaltung des Gedenksteins und über den Wortlaut der Inschrift. Auch die Höhe der Kosten stellte einen Streitpunkt dar. Schließlich einigten sich die Mitglieder darauf, in unmittelbarer Nähe des Geländes einen Gedenkstein in Gestalt eines Tores aufzustellen. Hohenbrunns Bürgermeister, Dr. Stefan Straßmair, enthüllte den Gedenkstein im Rahmen einer „Stillen Stunde“ am 8. Mai, an der neben Vertreterinnen und Vertretern von Politik und Presse auch viele interessierte Anwohner_innen teilnahmen. Vielleicht kann der Gedenkstein dem Vergessen ein wenig Einhalt gebieten. Der Weg derjenigen, die sich demnächst auf den Weg zum „MUNA-Flohmarkt“ machen, führt womöglich direkt daran vorbei.
Dieser Artikel ist Teil der Serie: Hohenbrunn: Das Munitionslager