- Entstehungsgeschichte des Gedenksteins
- Der Arbeitskreis „Ortsgeschichte 1933-1945“
- Was passierte mit dem Gelände nach dem Kriegsende?
- Die Heeresmunitionsanstalt in Hohenbrunn
Eine Kiesfläche, einige Büsche: So sah die Einfahrt zum ehemaligen Heeresmunitionsdepot in Hohenbrunn noch 2014 aus. Nichts erinnerte an die Menschen, die an diesem Ort unter unmenschlichen Bedingungen zum Arbeiten gezwungen wurden und vielfach ihr Leben ließen. Seit dem 8. Mai 2015, dem 70. Jahrestag des Kriegsendes, steht hier ein Steintor, das genau dies tun soll – erinnern. Von der Idee bis zur praktischen Umsetzung des Gedenkens war es allerdings ein langer Prozess.
von Luisa Lehnen und Maria Levchenko
Die Idee, einen Gedenkstein zu errichten, entstand im Arbeitskreis „Ortsgeschichte 1933-1945“. Nachdem die SPD-Fraktion einen entsprechenden Antrag in den Gemeinderat eingebracht hatte, zählten die Gestaltung des Denkmals und seiner Inschrift sowie die damit verbundenen Kosten in Höhe von etwa 18.000 Euro zu den größten Streitpunkten.1 Schließlich einigten sich die Beteiligten im Oktober 2014 darauf, eine Gedenktafel an der Georg-Knorr-Straße zu errichten. Der Standort ist nicht zufällig gewählt worden – Rudolf Wenzel, Vorsitzender des Arbeitskreises, formulierte die Überlegungen des Arbeitskreises und des Gemeinderates so: „Das Grundstück gehört der Gemeinde Hohenbrunn, und wir setzen hier einen Gedenkstein, der so groß ist, dass man ihn auch von der Weite wahrnimmt und machen da eine Inschrift rein, dass man weiß, wessen gedenkt man da.2 Die Platzierung hat aber auch einen symbolischen Wert: Einst befand sich an genau dieser Stelle die Einfahrt in die Heeresmunitionsanstalt.
Vom Projektil zum Tor
Mit der Auswahl der endgültigen Gestaltungsversion des Gedenksteins beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern aller Fraktionen und dem Bürgermeister. Ihre Arbeit war nicht einfach: Die Vorschläge reichten von einem vom Projektil durchbohrten Gedenkstein (eingereicht von einem Steinmetz aus Egmating), bis zu einem Dokumentationszentrum zur Kriegs- und Nachkriegszeit, das in einem der noch erhaltenen Gebäude der MUNA eingerichtet werden sollte (eingebracht von der Krieger- und Soldatenkameradschaft Hohenbrunn). Einige Entwürfe empfanden die Beteiligten als unpassend, da sie durch ihre am Militärischen angelehnte Bildsprache ein zu starkes Symbol setzten. Die Pläne für ein Dokumentationszentrum rückte der Gemeinderat in die unbestimmte Zukunft. Schließlich entschied sich die Arbeitsgruppe für den Entwurf der Steinmetz- und Bildhauerwerkstätte Gebrüder Gröger.
Am frühen Vormittag des 8. Mai 2015 wurde das „Tor der Erinnerung“, wie die Süddeutsche Zeitung den Gedenkstein betitelte, von Bürgermeister Dr. Stefan Straßmair enthüllt. In Anwesenheit der Presse und etwa 70 Hohenbrunner Bürgerinnen und Bürgern sprachen er und der stellvertretende Landrat Ernst Weidenbusch darüber, wie wichtig das Erinnern für ein verantwortungsvolles Zusammenleben in der Zukunft sei. Es gebe keinen falschen Zeitpunkt zum Erinnern, betonte Weidenbusch und verteidigte sich damit auch gegen kritische Stimmen, die den Lokalpolitikern vorgeworfen hatten, sich zu spät mit der Vergangenheit des Geländes auseinanderzusetzen. Nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung nutzten viele Anwesende die Gelegenheit, sich den Gedenkstein genau anzuschauen und sich mit anderen über die Gestaltung auszutauschen.
Sichtbare Erinnerung
Der Gedenkstein besteht aus zwei Säulen und einem bewachsenen Kalktuffstein, der als Dach darauf ruht: „Die Säulen sind gedanklich zueinander verschobene Kuben, sie stehen für die Gebäudekomplexe. Das Dach ist ein Zitat“, so erklärte Hilmar Gröger, der Gestalter des Denkmals, die Idee dahinter. Denn die Dächer der Gebäude auf dem MUNA-Gelände waren alle bepflanzt und somit getarnt. Das Tor soll die Menschen zum Nachdenken über die nationalsozialistischen Verbrechen im Ort selbst anregen. Es ist zwar nicht geschlossen, doch eine „Bronzetafel, die an das Schicksal der Zwangsarbeiter erinnert, hindert am Durchgehen.“ Den Wortlaut der Inschrift empfanden nicht alle Beteiligten als angemessen. So forderte die Krieger- und Soldatenkameradschaft Hohenbrunn eine Fassung, in der die in der MUNA eingesetzten deutschen Zwangsarbeiter_innen stärker hervorgehoben werden sollten, was der Gemeinderat jedoch zurückwies. Den Initiator_innen war es vor allem wichtig, an alle Menschen, die hier unter menschenverachtenden Umständen zum Arbeiten gezwungen wurden, zu erinnern, und das unabhängig von ihrer Herkunft. Deshalb sei ihr Ziel schon erfüllt, wenn „der ein oder andere, wenn er die Tafel mal sieht, über das Wort ‚Zwangsarbeiter‘ stolpert und dann einmal googelt, was das war. Das wäre schon ein Erfolg.“3
Fotos: Maria Levchenko
Dieser Artikel ist Teil der Serie: Hohenbrunn: Das Munitionslager- Erinnerung
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